„Afrika“! Bei diesem Wort tauchen wohl bei den meisten Menschen Bilder von Frauen, die ihre am Vortag geernteten Maniok-Wurzeln in Schüsseln am Kopf zum Markt tragen, vor dem inneren Auge auf. Von Menschen, die weite Wege zum nächsten Brunnen zurücklegen um wenige Liter Wasser zu ihrer Hütte zu schleppen um sich und ihre zahlreichen Kinder mehr schlecht als recht über die Runden zu bringen. Hilfsbedürftig und rückständig. Erbarmungswürdig und hoffnungslos. Das Herz der Finsternis.

Gehässig und überspitzt formuliert, natürlich. Aber an ein Bankkonto denkt man wohl kaum. An FinTechs in Afrika noch viel weniger.
Menschen in Entwicklungsländern brauchen aber Bankdienstleistungen, und innovative FinTechs können hier Großes bewirken.

Allheilmittel & Gift

Mikrofinanz und besonders Mikrokredite galten lange Zeit als das Allheilmittel, als jenes Instrument das Entwicklungsländern effizient und effektiv zum wirtschaftlichen Aufstieg verhilft. Sie wurden als die richtige Methode zur richtigen Zeit gesehen, Eigeninitiative, verbunden mit Selbstständigkeit und Marktorientierung. Muhammad Yunus wurde 2006 der Friedensnobelpreis für die systematische Umsetzung dieses Konzepts verliehen.

Die Idee ist, über Mikrokredite Investitionen oder Betriebsmittel für die „economically active poor“ zu finanzieren, also für Kleinbauern, Einzelhändler oder Produzenten. Zusätzliches Kapital soll die Gewinne erhöhen und somit helfen, dauerhaft höheres Einkommen und ausreichend Gewinne zur Rückzahlung des Kredits sowie der Zinsen zu erzielen.

In Uganda umfassen diese Kleinstkredite meist 10 bis mehrere 1.000 Euro und Laufzeiten von einigen Monaten bis 2 Jahren. Die Zinsen betragen effektiv etwa 3 % pro Monat, um die Refinanzierung der Mikrofinanzinstitute zu gewährleisten. Anfangs sah das Konzept vielversprechend aus und es wurde in Medien und Fachkreisen hoch gelobt und gefeiert.

Soweit so gut und ja es funktioniert, hat funktioniert. Doch Mikrokredite sind nicht das Allheilmittel, dessen Verabreichung Geberländer so gerne in hohen Dosen unterstützt hätten. Spätestens nach einer Selbstmordwelle von Mikrokreditnehmern in Indien, die ihre Schulden nicht bezahlen konnten, kam diese Form der Entwicklungshilfe vor einigen Jahren zunehmend in Kritik. Untersuchungen zeigten, dass Mikrokredite nur jenen nützen, die schon zuvor ein zuverlässiges selbstständiges Einkommen erwirtschaften konnten und wissen wie man spart und seine Finanzen plant. Die meisten mussten weiteres Geld aufnehmen um die Schulden zu bedienen oder arbeiteten noch mehr, ohne mehr zu verdienen, um Geld an die Bank zurückzuzahlen.

Doch wann helfen Mikrokredite, wann nicht?
Aber zuerst ein kurzer Blick zurück nach Uganda, wo der Gastautor gerade die Sonne genießt.

Schiefrunde Perle

Kein Reiseanbieter verzichtet auf die Worte, mit denen Winston Churchill Uganda beschrieb: „Die Perle Afrikas“. Ein kleines, fruchtbares Binnenland im Osten des Kontinents. Jedoch ist Uganda eine schiefrunde Perle. Barock ist sie in ihrer üppigen Artenvielfalt, dem fruchtbaren Boden, dem größten Artenreichtum an Vögeln weltweit, dem Nil, Löwen, Gorillas und vielem mehr. Schief aber, weil das Land zweigeteilt ist. Der Nil teilt Uganda in einen wohlhabenderen Süden/Westen und einen von Bürgerkriegen und Konflikten gezeichneten Osten/Norden, seit fast zehn Jahren sind diese Konflikte aber befriedet.

Schiefrund weiters, weil Uganda trotz idealer Bedingungen für Landwirtschaft, die bis zu drei Ernten pro Jahr ermöglichen, eines der ärmsten Länder der Welt ist. Man trifft hier natürlich die eingangs erwähnten Frauen und Wasserträger. Uganda hat 39 Millionen Einwohner (jährlich werden es 3 % mehr), von denen rund 80 % am Land wohnen und ihre mehr oder weniger kleinen Felder als Subsistenzbauern bewirtschaften, d.h., sie produzieren nur für ihren eigenen Bedarf und den der Familie. Zugang zu Finanzdienstleistungen haben sie keinen, da sich keine Bankfiliale in ihrer Nähe befindet und das Straßennetz bzw. der öffentliche Verkehr nicht gut genug ausgebaut ist, um Filialen zu erreichen.

Welche Mittel nutzen Ugander nun, um Geld zu überweisen, zu sparen oder auszuleihen? Wie ist der Mikrofinanzsektor ausgebaut und gestaltet?

Raiffeisen, Sparvereine & Quantensprünge

Vertreten sind kommerzielle ausländische Banken zwar, aber hauptsächlich in größeren Städten. Die britische Barclays Bank und die südafrikanische Stanbic Bank haben beispielsweise Niederlassungen in Uganda. Auch auf Mikrofinanz spezialisierte Institute sind vertreten, etwa die kirchlich organisierte Centenary Bank und die staatliche Post Bank. Diese verfügen über ein dichteres Filialnetz und haben auch Niederlassungen in sogenannten „Trading Centers“, so nennt sich eine Kreuzung zweier Straßen mit kleinen Geschäften, Lokalen etc. Da die Bevölkerung Ugandas aber hauptsächlich in ruralen Gebieten lebt, reicht diese Bank-Infrastruktur nicht aus, um alle zu erreichen.

Somit müssen sich die Menschen selbst organisieren. Eine Möglichkeit dazu besteht in sogenannten SACCOs (Saving and Credit Cooperatives), eine Art „Raiffeisen in Urform“. Eine Gruppe (von teils 1000 oder mehr Mitgliedern) gründet ein SACCO und wählt einen Aufsichtsrat, welcher wieder ein Managementteam ernennt. Jeder, der einen Kredit bekommen möchte, muss sich zuerst über Anteile beteiligen und sparen.

In Kenia ist dieses System schon hoch professionalisiert, in Uganda gibt es teils noch Entwicklungspotenzial, etwa wegen Know-How Bedarf in Management und Governance.

Weiters unterliegen SACCOs (noch) keiner Bankenaufsicht, es gibt keinen wirksamen Regulator für diese Art von Genossenschaften.

In kleinerer Dimension funktioniert das System besser: Sparvereine, oder VSLAs (Village Savings and Loan Associations) bestehen aus etwa 10 Mitgliedern, die sich wöchentlich treffen und einen bestimmten Betrag einzahlen. Aus diesem Kapital werden wieder Kredite vergeben.

Bei diesen Formen der Selbstorganisation kann eine nachhaltige Entwicklungshilfe ansetzen, durch Trainings und Ausbildung in vielerlei Themenbereichen. Angefangen von Financial Literacy, bis hin zu Kreditprüfung oder Produktentwicklung. Diese Professionalisierung soll auch verhindern, dass Menschen auf ihrer Suche nach einem Kredit in die Arme von Kredithaien und anderen gewinnmaximierenden Finanzdienstleister laufen. Denn dann kommt es rasch zur Ueberschuldung und zu den Eingangs erwähnten tragischen Ereignissen.

Mangelnder Zugang zu Finanzdienstleistungen ist eines der größten Hindernisse für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den ländlichen Gebieten Afrikas. Gut funktionierende Mikrofinanzinstitute sind das, was die Menschen in Uganda an Finance und Banking benötigen.

Dass die Menschen in Afrika auch innovative FinTechs benötigen, davon war noch nicht die Rede. Der nächste Blogeintrag widmet sich diesem Thema und kann mit großen überraschungen aufwarten!

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