Der erste Teil dieses Blogs gab einen Einblick in Banking und Finance in Uganda und Mikrofinanz als Entwicklungshilfeinstrument. Teil 2 befasste sich mit einer wesentlichen Innovation in Afrikas Mikrofinanzsektor, dem Mobile Money.

So far, so good … so what?

Bislang wurde also nur das Angebot an Mikrofinanz genauer betrachtet. Doch um die ökonomische und finanzielle Unabhänigkeit der Menschen in Uganda zu stärken ist ein Fokus auf die Nachfrageseite entscheidend. All die Ressourcen, die in die Stärkung des Mikrofinanzsektors gesteckt werden, all die Innovationen, die den Zugang zu Finanzdienstleistung erleichtern sollen, helfen wenig, sofern nicht die Menschen mit Geld umzugehen wissen.

Es ist immer wieder erstaunlich, welche Schwierigkeiten es vielen Ugandern bereitet, ihre monatlichen Ausgaben zu planen oder regelmäßig zu sparen. Allzu oft werden Einkünfte sofort wieder ausgegeben. Zugegebernmaßen ist das Einkommen der meisten Menschen hier sehr gering und das Verständnis groß, dass man sich, wenn man schon Geld hat, auch was gönnen will. Jedoch auch der kleinste Betrag, der regelmäßig auf die Seite gelegt wird, macht einen Unterschied.

Financial Literacy in Uganda

Beispielsweise führen unerwartete Krankenhausaufhalte, die selbst bezahlt werden müssen, oftmals zu einer großen finanziellen Belastung. Aber auch für Ausgaben, bei denen man weiß, wieviel und wann gezahlt werden muss, nehmen sich viele Ugander mangels Planung einen Konsumkredit auf (oft für 30 % Zinsen im Jahr wohlgemerkt!) und schlittern in die Überschuldung. Schulgeld beispielsweise, das regelmäßig dreimal jährlich pro Kind (rund 50.000 UGX, 15 Euro, in staatlichen Schulen) gezahlt werden muss, führt in vielen Familien zu finanziellen Engpässen. Bei rund 6 Kinder pro Frau ist das auch eine besondere Herausforderung.

Entscheidend ist daher, dass die Menschen einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Umgang mit Geld lernen. Financial Literacy nennt man das, also soviel wie finanzielle Grundbildung. In Uganda hat die dortige Zentralbank, die Bank of Uganda, mit Unterstützung der GIZ, sich diesem Thema angenommen und die National Strategy for Financial Literacy ins Leben gerufen.

Finanzielle Grundbildung beinhaltet in dieser Strategie sieben Themengebiete, die bei einem bewussten Umgang mit Geld berücksichtigt werden sollen, unter anderem Finanzplanung, Sparen, Kredite, Investments und Vorsorge.

Financial Literacy in der Entwicklungszusammenarbeit

Entwicklungszusammenarbeit kann diese Themen auf verschiedenste Weise den Menschen näher bringen.

Die Association of Microfinance Institutions in Uganda (AMFIU), die Organisation, die ich als Entwicklungshelfer unterstütze, hat beispielsweise Angestellte von dörflichen Genossenschaftsbanken (SACCOs) in einem einwöchigen Workshop als Trainer in Financial Literacy ausgebildet. Ziel dabei ist, dass die Teilnehmer wiederum ihren Kunden Financial Literacy näher bringen. So sollen die Trainer beispielsweise den Kunden, bevor sie ein Konto eröffnen, erklären, welche Vorteile es hat, regelmäßig zu sparen, oder bevor ein Kredit vergeben wird, zeigen, wie man einen simplen Haushaltsplan, ein Budget, erstellt.

Eine weitere Möglichkeit bieten Radiosendungen. Radio ist noch immer die am weitesten verbreitete Informationsquelle im ländlichen Afrika. Radiosendungen über Financial Literacy können mit großer Reichweite zumindest einen Einblick in die Vorteile eines verantwortungsvollen Umgangs mit Geld geben. Radio Wa, ein lokaler Radiosender in Lira, sendet beispielsweise einmal in der Woche in Kooperation mit AMFIU eine wöchentliche Radiosendung über Financial Literacy und Business Skills.

Behavioral Change

Entscheidend ist jedoch nicht das Wissen, sondern das Anwenden von Financial Literacy. Und dabei bieten die im ersten Blogbeitrag erwähnten „Sparvereine“, die VSLAs, wohl die nachhaltigste Methode, eine Sparkultur aufzubauen. Die wöchentlichen Treffen zum gemeinsamen Sparen und die gegenseitige Kontrolle innerhalb der Spargruppe helfen immens dabei, Selbstvertrauen im Umgang mit Geld zu bekommen.

Spätestens am Ende des Jahres wird erkannt, dass regelmäßiges Sparen zu einer höheren Lebensqualität führen kann. Hier wird das Ersparte üblicherweise ausbezahlt und die Mitglieder tätigen damit im besten Fall eine Investition, schaffen sich zum Beispiel neues Werkzeug an. Leider ist es aber auch keine Ausnahme, dass der Großteil des Ersparten für Weihnachtsgeschenke verprasst wird.

Bei Financial Literacy geht es um „behavioral change“, um das Ändern seiner Gewohnheiten. Und jeder weiß wie schwer das sein kann.

Warum nur?

Es läßt sich natürlich trefflich, aber auch endlos darüber diskutieren warum in Uganda der Umgang mit Geld solche Probleme bereitet.

Wesentlich dabei ist zuallererst mangelnde Grundausbildung in Uganda. Staatliche Volksschulklassen in ländlichen Gebieten mit über 100 Kinder sind nicht ungewöhnlich, die Lehrergehälter auch für ugandische Verhältnisse mit rund 50 EURO pro Monat sehr gering.

Weiters ist wohl auch Rechtssicherheit ein wichtiges Thema. In Österreich kann man relativ sicher sein, dass sich die rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen man eine Investitionsentschiedung tätigt, nicht gravierend ändern. In Entwicklungsländern ist dies oftmals nicht der Fall. Was macht Sparen und Investieren für einen Sinn, wenn beispielsweise der kleine Shop bei dem nächsten Strassenumbau abgerissen werden muss? Vor Gericht ziehen steht für viele mangels Einkommen und Wissen über ihre Rechte aber auch auf Grund langer Wartezeiten außer Frage. Außerdem erschwert Korruption unternehmerische Tätigkeiten.

Financial Literacy in Österreich

In Österreich gab es wesentliche staatliche Bemühungen, die zu der Verankerung des sorgsamen Umganges mit Geld und der zutiefst bürgerlichen Tugend des Sparens beitrugen. Einerseits wurden staatliche Kampagnen wie der Weltspartag organisiert, andererseits sind finanzielle Anreize vorhanden um zu sparen (Bausparprämie) oder vorzusorgen (Prämien bei privater Lebensvorsorge).

Doch dieser bewusste Umgang mit Geld scheint sich zu ändern. Speziell bei jüngeren Generationen ist finanzielle Grundbildung ein wichtiges Thema. 2013 war ein Fünftel der Menschen, die ein Erstgespräch mit der Schuldenberatung führten, 30 Jahre oder jünger und saßen mit durchschnittlich rd. 30.000 Euro auf einem beachtlichen Schuldenberg.

Verschiedene Initiativen und Organisationen springen auf dieses Thema auf, mit dem Ziel, besonders Kindern und Jugendlichen den verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu vermitteln:

  • Bankinsititute wie beispielsweise die Erste Bank (mehr Informationen unter https://www.financiallifepark.at/de/geld-und-so/)
  • Staatliche Institutionen wie das Finanzministerium mit dem finanzvifzack
  • Aber auch innovative Start-ups wie threecoins, die unter Anderem ein vielbeachtetes Smartphone-Game, Cure Runners, entwickelt haben

Die besorgniserregenden Statistiken von überschuldeten Jugendlichen machen wohl deutlich, dass hier akuter Handlungsbedarf besteht. Beispielsweise wäre es eine gute Möglichkeit, in der Unterstufe in den Curricula einen größerern Fokus auf wirtschaftliche Bildung und hier speziell auf den verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu legen.

Ein Gegensteuern auf dieser Ebene erscheint jedoch illusorisch. Ironisch lässt sich sagen, dass die Stabilität von Rahmenbedingungen auch eine schlechte Seite hat, wie sich in der Österreichischen Bildungspolitik immer wieder zeigt.

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