Eigentlich gelten Österreicher ja als risikoscheu. Sie zahlen gern bar, fahren Golf und wohnen lieber zur Miete. Veranlagt wird am Sparbuch und im Bausparvertrag. Von Liebe zum Risiko keine Spur.
Oder doch? Im Vergleich zu Deutschen sind Österreicher echte Spekulanten: bei Krediten. Trotz der rekordtiefen Zinsen waren 2016 immer noch 65 % aller neu abgeschlossenen Kredite variabel verzinst. Interbankenzinssätze, die in Kreditverträgen meist zugrunde gelegt werden, befinden sich auf historischen Tiefs.
Der 3-Monats-Euribor stand im September 2019 auf -0,41 %, der 12-Monats-Euribor auf -0,33 % (lies mehr dazu in "Wer ist eigentlich der Euribor?" ). Daher sind auch variabel verzinste Kredite so billig wie selten zuvor.
Was bedeutet „variabel verzinst“?
Variabel verzinst bedeutet, dass der Zinssatz des laufenden Kredits in regelmäßigen Abständen neu festgelegt wird. Dies kann in beide Richtungen geschehen, der Kredit kann billiger oder teurer werden.
Auch wenn der Zinssatz zum Zeitpunkt des Abschlusses niedrig liegt, kann die Höhe der Zinszahlungen während der Laufzeit beträchtlich steigen.
Nachdem die Fed begonnen hatte ihre Geldpolitik zu normalisieren, wurden die kürzlich angehobenen Zinsen wieder gesenkt. Jerome Powell, Chef des Federal Reserve System, der Notenbank der USA, hat auch den begonnenen Abbau der aufgeblähten Notenbankbilanz wieder beendet, und Mario Draghi, oberster Notenbanker der Eurozone, hat die Wiederaufnahme der Anleihenkäufe durch die EZB angekündigt. Die Durchführung fällt schon in die Amtszeit von Christine Lagarde, seiner Nachfolgerin.
Die Vorteile und Nachteile von Fixzinskrediten
Sind nun variabel verzinste Finanzierungen wirklich die beste Option für neue Kreditverträge? Unsere nördlichen Nachbarn halten überwiegend fix verzinste Verträge für die bessere Wahl. Aber wo liegt nun genau der Unterschied? Entscheidet man sich für einen Fixzinskredit, so ist der zu zahlende Zinssatz für die gesamte Laufzeit, oder einen Teil der Laufzeit, festgesetzt.
Daher weiß der Kreditnehmer genau, wie hoch die Kreditraten in Zukunft sein werden, unabhängig davon, wie sich die Zinsen am Finanzmarkt entwickeln. Auch wenn sie steigen sollten, sind die bei Vertragsabschluss vereinbarten Zinsen gesichert. Für Kunden bedeutet das eine sehr hohe Planungssicherheit über die Laufzeit.
Diese Sicherheit ist natürlich nicht kostenlos. Da Banken sich gegen Zinsschwankungen am Finanzmarkt absichern müssen, sind ist diese Variante bei Vertragsabschluss etwas teurer. Aber für den Kreditnehmer kann es sich durchaus auszahlen: Steigen die Zinsen am Finanzmarkt während der Laufzeit, so wird die Steigerung bei variabel verzinsten Krediten an den Schuldner voll weitergegeben. Hat man sich aber für einen Fixzinskredit entschieden, bekommt man davon nichts zu spüren.
Tipp: Erwartest du fallende Zinsen, sind variabel verzinste Verträge besser geeignet, bei steigenden Zinsen ist es umgekehrt.
… und Bauspardarlehen?
Bauspardarlehen vereinen Elemente aus beiden Welten: Der Zinssatz ist nach oben hin mit 6% begrenzt. Die schlechte Nachricht: Der Zins sinkt nicht unter 2 % bis 3 %, je nach vereinbarter Zinsuntergrenze. Daher sind diese Finanzierungen in Zeiten „normaler“ Zinssätze attraktiv, doch derzeit sind weit günstigere Kredite zu haben.
Du hast ein bestehendes Bauspardarlehen und möchtest dieses umschulden? Möglicherweise wäre ein Hypothekarkredit im aktuellen Zinsumfeld sogar günstiger.
Der unabhängige Online-Kreditrechner von fincomplete
Mit dem fincomplete Kreditrechner kannst du nachvollziehen, wie sich Kreditbetrag, Laufzeit und Zinssatz auf die Höhe deiner Kreditrate auswirken und kannst gleich ein Angebot für deinen Kredit einholen.
Was tun, wenn ich bereits eine laufende Finanzierung habe?
In diesem Fall ist es noch nicht zu spät, das derzeit traumhaft tiefe Zinsniveau zu sichern. Variable Verträge lassen sich in Fixzinsfinanzierungen umwandeln (auch umgekehrt). Natürlich lassen Banken sich dies gerne vergüten. Welche Kosten damit verbunden sind, ist von Bank zu Bank unterschiedlich und kann auch bei den Verhandlungen vor Vertragsabschluss vereinbart werden. Falls sich deine Bank unflexibel zeigt, kannst du auch über eine Umschuldung des Kredites nachdenken.
Weiters stehen so genannte Zinscaps zur Verfügung. Diese sind eine Art von Wetten gegen eine Zinsänderung. Damit kann eine individuelle Zinsobergrenze festgelegt werden. Ein Beispiel: Möchte man nicht mehr als 3 % Zinsen in den kommenden 10 Jahren zahlen, so kann ein entsprechendes Zinscap gekauft werden. Sollte das Zinsniveau während dieser Periode unter der Grenze bleiben, so verfällt das Cap. Steigen die Zinsen hingegen über die Grenze, so gewinnt das Zinscap an Wert. Dadurch werden steigende Kreditraten durch höhere Einnahmen aus dem Cap ausgeglichen, sodass unterm Strich nur 3% Zinsen zu zahlen sind. Weitere Infos findest in unserem Artikel Zinscap für Kredite.
Hier gilt das Gleiche wie beim Fixzinskredit: Zur Zeit des Abschlusses ist es die teurere Variante, doch über die Laufzeit kann es sich bezahlt machen.