In Geldangelegenheiten hat die Schweiz eigentlich einen Ruf von höchster Diskretion und Sicherheit. Wer einem Schweizer Bankier sein Geld anvertraute, konnte sich sicher sein, dass er es wiederbekommt und niemand davon erfährt.
Zumindest hat sich die Schweiz diesen Ruf über Jahrzehnte aufgebaut und gut davon gelebt. Nun ähnelt das helvetische Bankgeheimnis immer mehr Schweizer Käse, und Österreicher, die sich einen Frankenkredit genommen haben, stehen ebenfalls schwere Zeiten durch. Wieso aber waren Frankenkredite so beliebt und warum sind sie unter die Räder gekommen?
Das Konzept eines Fremdwährungskredits
Ein Fremdwährungskredit ist ein endfälliges Darlehen, wobei bei Abschluss des Kreditvertrags die Summe in Franken aufgenommen wird und am Ende der Laufzeit ebenfalls in Franken zurückbezahlt werden muss. Während der Laufzeit orientieren sich die Kreditzinsen ebenfalls am Schweizer Zinssatz.
Dadurch ergeben sich Chancen auf Gewinne aus der Zinsdifferenz und aus der Wechselkursentwicklung sowie aus der Performance des Tilgungsträgers, in den angespart wird. Spiegelbildlich steht jeder Gewinnchance auch ein Verlustrisiko gegenüber.
Schweizer Franken Kredite in Österreich
Besonders in Österreich erfreuten sich Schweizer Franken Darlehen größter Beliebtheit. 2009 war die Hälfte aller Fremdwährungskredite im Euroraum in Österreich angesiedelt, der Großteil davon in Schweizer Franken.
In den 1990ern erlebten die Fremdwährungskredite in Österreich einen wahren Boom, es war nicht unüblich, eine Immobilie zu 100 % fremdzufinanzieren. Dabei wurden auch Wohnkredite für Kreditnehmer leistbar, die diese in Euro nicht hätten finanzieren können.
Die Krise der Fremdwährungskredite
Die Wette auf bessere Zinsen ging im Wesentlichen zugunsten der Kreditnehmer aus, die Schweizer Zinsen liegen immer noch unter den Zinsen im Euroraum. Problematisch war die Wette auf den Wechselkurs zwischen Euro und CHF. Betrachten wir ein einfaches Beispiel: Werden 100.000 Euro zu 1,5 in CHF aufgenommen, beträgt die Kreditsumme 150.000 Franken. Sinkt im Laufe der Zeit der Wechselkurs auf 1,1, müssen 136.363,64 Euro zurückgezahlt werden.
Bei Vertragsabschluss wird nämlich der CHF-Betrag in Euro konvertiert und dir als Euro ausbezahlt. Am Ende der Laufzeit musst du den gleichen CHF-Betrag tilgen, den du dir aufgenommen hast. Wie viele Euro du dafür brauchst, bestimmt der momentane Wechselkurs. Somit sind in diesem Beispiel die Schulden in Euro um über 1/3 gewachsen, ohne Zutun des Kreditnehmers.
Damit die Kreditnehmer vor allzu starken Wechselkursbewegungen geschützt werden, haben Banken in vielen Fällen ein Stop-Loss Limit gesetzt, oft bei 1,20. Dadurch wurde der Kredit bei Unterschreiten dieser Grenze automatisch in Euro konvertiert. Zum Konvertieren müssen CHF am Devisenmarkt gekauft werden.
Nun hat die Schweiz 2011 einen Mindest-Wechelkurs CHF-Euro festgelegt, da auch die Schweizer Exportwirtschaft unter dem starken Franken gelitten hat und von einem schwächeren Wechelkurs profitiert.
Im Jänner 2015 wurde die Wechselkursbindung ohne Vorankündigung aufgehoben und der Franken stürzte ab, wodurch viele Stop-Loss Order ausgelöst wurden, aber durch den abrupten Kursverfall nicht zu 1,2, sondern zu einem niedrigeren Kurs ausgeführt wurden. Dadurch ist der Euro-Schuldenberg für Kreditnehmer höher als bei einer Umwandlung zu 1,2.
Negativzinsen für Frankenkreditnehmer?
Die Aufhebung der Wechselkursbindung brachte aber noch einen anderen, positiven Nebeneffekt, zumindest für jene Kreditnehmer, die weiterhin in Franken verschuldet sind:
Gleichzeitig mit der Freigabe des Schweizer Franken setzte die Schweizerische Nationalbank den Leitzins auf -0,25 % bis -1,25 %. Der CHF LIBOR bewegt sich innerhalb dieses Zielbandes und erreichte etwa -0,7 %. Da die meisten Fremdwährungskredite variabel verzinst sind und der tatsächliche Zinssatz somit aus dem CHF-LIBOR als Referenzzinssatz plus einem Aufschlag besteht, wären viele Kredite gemäß dieser Formel negativ verzinst. Das bedeutet, dass Kreditnehmer Geld von der Bank erhalten würden, weil sie sich Geld ausgeliehen haben.
Banken versuchen das natürlich zu vermeiden und vertreten die Meinung, dass mindestens der Aufschlag bezahlt werden muss, oder dass die Untergrenze 0 % sind. Was nun tatsächlich rechtlich möglich ist, wurde noch nicht endgültig entschieden.
Die Sache mit den Tilgungsträgern
Weitere Probleme gab es mit den Tilgungsträgern, allerdings nicht erst 2015, sondern schon zu Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008. Tilgungsträger werden dazu eingesetzt, Kapital für die Rückzahlung des Darlehensbetrages am Laufzeitende anzusparen.
Zu Vertragsbeginn wurde oft angenommen, dass sie sich mit einer gewissen Rendite entwickeln und daher nicht der gesamte Betrag angespart werden muss, da ja Anlagegewinne mitgenommen werden. Durch die Einbrüche an den weltweiten Börsen und Finanzmärkten kam es zu massiven Kursverlusten und somit Wertverlusten bei Tilgungsträgern.
Verträge mit einer Kapitalgarantie wurden ausgestoppt, das heißt, dass nur mehr ein Minimum in Aktien und andere riskantere Assets investiert wurde. Damit wurden Verluste minimiert, aber ebenso die Chance auf Gewinne.
Wer bekommt noch einen Kredit in Schweizer Franken?
2009 hat die FMA Mindeststandards für Fremdwährungskredite festgelegt. Dies führte dazu, dass kaum noch Kredite in anderer Währung als Euro vergeben werden. Ausnahmen gelten natürlich für Personen, die auch Gehalt in anderer Währung beziehen. Neu vergebene Fremdwährungskredite setzen beste Bonität des Kreditnehmers voraus und Geldinstitute sind verpflichtet, die Kredite regelmäßig zu prüfen.
Wenn die Rückzahlung des Kredits in Euro kein Problem darstellt, kann die Aufnahme eines Teils des Kredits in anderer Währung interessante Gewinnchancen bieten. Jedoch musst du dir auch bewusst sein, dass ein hohes Verlustrisiko besteht.